„Gottes Kraft geht alle Wege mit“. Dieser Satz stammt von Alfred Delp, einem Jesuiten, der von den Nazis kurz vor Kriegsende im April 1945 hingerichtet wurde. Mir ist dieser Satz auf einem aktuellen Kalenderblatt begegnet. In unserer schwierigen Situation in der Corona-Krise hat er mich sofort angesprochen. Die vor uns liegenden Wege sind momentan kaum überschaubar, wenn der Tag beginnt, ist es unklar, was am Abend ist. Da verliere ich leicht den roten Faden meines Lebens, Verunsicherung und Angst wollen sich breitmachen. Und doch spüre ich immer wieder eine Zuversicht, alles wird gut. Diese Kraft keimt in mir auf, wenn ich die Solidarität unter den Menschen sehe, all die Projekte und Ideen, die jetzt entstehen. Sie sind Mutmacher für mich. Sie geben mir Kraft für diese unsicheren Wege und zeigen mir, auf diesen Wegen bin ich nicht allein unterwegs. „Gottes Kraft geht alle Wege mit“, diese Erfahrung wünsche ich auch ihnen, dass sie spüren können, dass es in all der Unsicherheit einen festen Halt in ihrem Leben gibt.
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Blaue Stunde
Wenn die Dämmerung zu Ende geht, ist es da – das blaue Licht. Für mich legt es sich wie ein Schleier auf den vergehenden Tag. Es nimmt alles Tun und Erleben des vergehenden Tages in sich auf. Im blauen Licht ist der Tag geborgen.
Zu den Quellen
Auf Kindheitspfaden war ich im Unteren Stadtwald in Leutkirch unterwegs. Mein Ziel: die Sieben Brünnen. Viele Sonntagsspaziergänge führten zu dieser Quelle. Noch heute erinnere ich mich an den Hauch von Abenteuer bei diesen Wanderungen. An der Quelle angekommen, stellte ich mir jetzt die Frage, welche sieben Quellen meinen Lebensfluss speisen. Im Hebräischen Kulturraum ist die Zahl „sieben“ das Symbol für die irdische Vollendung. Zwei oder drei Quellen reichen wohl nicht aus, um ein Leben mit Lebenswasser zu speisen. Sieben Brünnen für das eigene Leben zu entdecken – was für ein prickelndes Abenteuer!
Weitergehen
In der digitalen Welt denkt der Mensch die Zeit linear. In meinem Leben jedoch erfahre ich Zeit meist kreisförmig. Auch wenn jeder Augenblick radikal neu ist, vergegenwärtigt er doch frühere Erfahrungen, erinnert Gefühle, Hoffnungen und Ängste. So scheint im neuen Augenblick immer auch das schon Erlebte auf. Dieses nicht zu vergessen und doch offen zu bleiben für das Neue, ist ein gutes Stück Lebenskompetenz. Dass dieses sich windende und wandelnde Leben einen letzten Halt, eine Mitte, um die es sich dreht, besitzt, erfahre ich im Symbol des Labyrinthes. Dieser letzte Ankerpunkt gibt mir die Kraft , den Wandel zu akzeptieren, Abschied zu nehmen und immer wieder neu zu beginnen.
Wachsen lassen
Der Winter hat sich nun auch im Allgäu in die höheren Lagen zurückgezogen. Da erwacht die Natur und treibt ganz vorsichtig erste Apfelknospen aus. Es ist für mich jedes Jahr aufs Neue faszinierend, wie die Natur ihren eigenen Takt und ihr eigenes Tempo vorgibt. Sie lässt es wachsen. Auf den eigenen Takt und die eigene Zeit zu achten, könnte auch den Menschen helfen, ihr Leben wachsen zu lassen.
Winterfreuden
Dass der Winter durchaus seine beschwerlichen Seiten hat, das lässt sich nicht leugnen. Doch über die Klage von Schnee, Kälte und Eis verliert der eine oder die andere doch allzuleicht die freudige Seite des Winters aus dem Blick. Gerade wenn ich auf Loipen mit meinen Langlaufskiern unterwegs bin, treffe ich meist auf freundlich grüßende Menschen, denen die Winterfreude aus den Gesichtern blitzt. Hie und da sehe ich im Schnee tobende Kinder, deren Winterfreude in ihrem Lachen nach außen dringt. Und wenn ich in mich hineinschaue, ganz tief, dann spüre ich da diese Winterfreude in mir, ein mit mir selbst eins sein, Winterfriede.
Perspektivenwechsel
Manchmal kann man mit seinen Sichtweisen ganz schön eingefahren sein. Der Blick auf den eigenen Lebensalltag ist einem ja auch nur allzu vertraut. Ich sehe meine Stadt, meine Arbeit, meine Mitmenschen und mich ja immer aus derselben Perspektive – bei mir aus einer Augenhöhe von circa 165 Zentimetern. Eine Fahrt mit dem Riesenrad auf einem der Herbstmärkte bietet sich da an, um einen Perspektivwechsel vorzunehmen. Was aus 165 Zentimeter Höhe riesengroß ist, ist aus 35 Metern Höhe zwar nicht verschwunden, aber durchaus in einer anderen Relation zu mir. Wenn es mir gelingt, Sichtweisen zu verändern, durch größeren Abstand, genaueres Hinsehen oder auch durch besseres Verstehen, dann kann sich auch der Blick auf den eigenen Lebensalltag wandeln. Dann wären die 5 Euro für das Riesenrad gut investiertes Geld.
Sonnenuntergang
Sonnenuntergänge faszinieren wohl nicht nur mich. Sei es am Bodensee, in den Alpen, am Meer, überalle treffe ich auf Menschen, die sich vom Sonnenuntergang in Bewunderung versetzen lassen. Die einen richten ihre Kameras auf das Naturschauspiel, andere betrachten es ganz still.
Eine neue, genussvolle Qualität des Erlebens habe ich in Namibia kennengelernt. Seitdem ist der Sonnenuntergang für mich nicht nur ein zauberhaftes Ereignis im Tagesverlauf, sondern auch eine Zeit zum Innehalten, zum Genießen und zum Zusammensein, ein Moment, in dem etwas Stille einkehrt, an dem ich wohlwollend auf den Tag zurückblicken kann. Und manchmal spüre ich genau dann etwas von Verbundenheit – mit der Schöpfung, mit anderen Menschen, mit mir, und dann und wann sogar Verbundenheit mit dem großen Ganzen.
Fertig haben
Giovanni Trappatoni, der Ex-Trainer des FC Bayern München, beendete mit „Ich habe fertig“ eine der legendärsten Sport-Presskonferenzen. Manchmal hätte ich auch ganz gerne fertig, könnte etwas als erledigt markieren und dann einfach Zeit für anderes haben.
Fertig haben heißt ja nicht fertig sein oder gar mit seinem Latein am Ende zu sein. In fertig haben schwingt für mich ein Stück Zufriedenheit mit: Ich habe etwas zu Ende gebracht, das kann jetzt weiterwirken, ich darf mich im Moment des „Fertig-Habens“ mal gemütlich zurücklehnen und den Augenblick auskosten.
Nur wenn etwas an sein Ende kommt, kann Neues entstehen.
Das war schon immer so
„Das war schon immer so“ – diesen Satz habe ich in meiner Berufslaufbahn als Pastoralreferent schon des öfteren gehört. Oder: Das hat es ja noch nie gegeben! Was Neues zu spielen heißt auch, gegen den Strom zu schwimmen. Oder: Sich in neue Räume vorzutasten. Solche Bewegung bringt Kreativität und Entwicklung. Das ist jedoch nur möglich, wenn ich in meinem Leben Veränderungen zulasse. Schöpfung hat genau damit zu tun – Wandel, damit Neues entstehen kann.